Die Gründung vom Bremer Sport-Verein.

Die Gründung vom Bremer Sport-Verein.
Erste Mannschaft des BBV-»Sport« auf Haesloops Kuhweide 1907. - © Archiv Bremer Sport-Verein // BSV Kalender 1986

Während der frühen Entwicklungsphase des Fußballs in Deutschland vermitteln die geschilderten Erlebnisse von Johann Goerz, festgehalten in der Vereinschronik zum zwanzigjährigen Bestehen, ein lebendiges Bild der anfänglichen Widrigkeiten und des unerschütterlichen Gemeinschaftsgeistes. Diese Chronik entführt uns in eine Zeit, in der der Sport noch in seinen Kinderschuhen steckte und jeder kleine Erfolg ein Sieg gegen die gesellschaftlichen Widerstände war.

«Erst 1905 fanden wir uns wieder zusammen, und zwar auf dem Gelände des Holz- und Fabrikenhafens an der verlängerten Bremerhavenerstraße. Als glückliche Besitzer eines vorschriftsmäßigen, von Steidel-Berlin, bezogenen Balles hatte die Polizeidirektion uns das Spielen auf dem öffentlichen Spielplatz an der Nordstraße verboten. Das neue Gelände teilten wir uns mit den damals gegründeten, später (1914) von uns übernommenen Hanseaten, und den Vertretern des F.C. Adler. Als Torstangen dienten dünne, durch eine Kordel in 2,40 m Höhe miteinander verbundene Baumstämme, deren Anbringung jedesmal mindestens eine Stunde beanspruchte. Wie stolz und froh wir jeden Sonntag mit unseren Baum­stämmen auf der Schulter und dem Ball in der Hand den halbstündigen Weg antraten, können unsere heutigen Sportjünger wohl kaum nachempfinden.

Als jeweilige Gegner fungierten unsere Platznachbarn, mit denen wir im besten Einvernehmen unser Dasein fristeten. Aber auch am Holzhafen war die Freude nur von kurzer Dauer. Ende 1905 wurde unser Wiesenstreifen mit in das Zollausschussgebiet einbezogen, und die Herrlichkeit hatte erneut ein Ende. Nach vielem vergeblichen Suchen fanden wir in Grambkermoor auf der Kuhweide von Martin Haesloop eine neue Wirkungsstätte.»

Grambkermoor - elf Kilometer nordwestlich von Bremen - war um die Jahrhundertwende ein Dorf mit bäuerlichen Anwesen, umgeben von ausgedehnten Wiesen. Der Anbau von Getreide und Kartoffeln war durch die Versumpfung weiter Gebiete nur in geringem Umfang möglich. Viehzucht und Milchwirtschaft bildeten die Haupterwerbsquellen der meisten Bauern. Diese bäuerliche Idylle wurde 1903 durch die Verlagerung der Endstation der Straßenbahnlinie 8 an die Burger Brücke gestört. Unzählige Bremer Ausflügler entdeckten das ruhige Dorf im Werderland als Naherholungsgebiet. Die ersten Sommergärten und Restaurants entstanden, so auch Haesloops Gaststätte mit Sommergarten «Unter den Linden».

Gegenüber der Gaststätte befand sich Martin Haesloops Kuhweide. Mitten unter den weidenden Kühen, wie Johann Goerz in seinen Erinnerungen hervorhebt, konnten sonntags die eifrigen, platzlos gewordenen Fußballer ihrem Sport wieder nachgehen. Die ersten Spiele wurden gegen die ehemaligen Gegner vom Holzhafen, den F.C. Adler und die «Hanseaten» ausgetragen. Angetan von der «verschwiegenen Jasmin- und Fliederlaubenromantik» fanden sich die gegnerischen Mannschaften nach dem Spiel in Haesloops Tanzlokal zusammen und sorgten bei entsprechender Stimmung für einen vergnüglichen Schwoof. Aus diesem fröhlichen Beisammensein entstand bald der Entschluss, gemeinsam mit dem F.C. Adler und anderen heimatlos gewordenen Vereinen, eine Versammlung zur Gründung eines ballspielerischen Vereines einzuberufen.

Nach unzähligen Vorverhandlungen in der Waschküche von Mutter Wenhold beschloß am l. Januar 1906 eine muntere und gleichsam bunte Gesellschaft in Neumanns Lokal an der Emderstraße die Gründung des BREMER BALLSPIEL­VEREINS «Sport» von1906 Willi Wenhold wurde erster Vorsitzender, ihm standen sein Bruder Gustav, die Gebrüder Behrje und Willi Feht zur Seite. Die erste Mann­schaft, in jener historischen Sitzung aufgestellt, hatte folgende Spieler: F. Lehning, W. Zühn, H. Behrje, Jul. Goerz, A. Hoffmann, A. Oesselmann, D. Teschmacher, C. Tappermann, J. Panse, A. Musterer und F. Hauer. Ferner wurde beschlossen, dass jeden Sonntagvormittag in Haesloops Gaststätte eine Mitgliederversammlung stattfinde und jedes Mitglied, welches zweimal fehle, mit einer Mark bestraft werde.

Text aus dem Buch "20 Jahre Bremer Sport-Verein".